Monika Sosnowska: Ghosts
Callenberg


Drei zarte Gestalten schweben über dem Anlagenteich von Callenberg. Ihre Körper bestehen aus verdreht aufstrebendem, pulverbeschichtetem Armierungsstahl, die einer schnell hingeworfenen Zeichnung ähnlich aus der Oberfläche des Wassers hervorstreben und eine von unten beleuchtete, an einen Schleier erinnernde Gaze in die Höhe zu heben scheinen. Die Skulpturen „Ghosts“ (dt.: Geister) der polnischen Künstlerin Monika Sosnowska (*1972, Ryki/PL) erzeugen im Widerspruch zur Schwere des Materials einen Zustand von Flüchtigkeit. Aus der diffusen Tiefe des Teichs manifestieren sich Gedanken oder Erinnerungen zu subtilen, scheinbar tanzenden Gestalten, die zugleich Vertrautheit wie Vergänglichkeit versinnbildlichen. Sosnowskas „Ghosts“ lassen die Grenze zwischen Erfindung und Realität verschwimmen. Die aus Architektur und Fahrzeugbau entwendeten technischen Materialien wie Stahlarmierung oder mit Epoxidharz verstärkte Glasfaser werden zu fragil wirkenden Konstruktionen. Sie stellen Fragen nach dem Erbe der Moderne und ihren Versprechungen, nach Beständigkeit und ihrem Scheitern – und nach dem, was davon in unserer Gegenwart Bestand hat.
Das Werk assoziiert zum einen den Abbau seltener Mineralien wie Krokoit, Nickel- oder Rotbleierz, die bis 1990 bei Callenberg erschlossen wurden und zum anderen auch industrielle Strumpfwirkereien, deren Tradition heute nur noch wenige kleine Betriebe fortsetzen.
(Text: Alexander Ochs / Ulrike Pennewitz)
Monika Sosnowska
Ghosts (2025)
In Callenberg
Material: Bauarmierung, Rundstahl verzinkt und pulverbeschichtet, Glasfaser mit Epoxidharz verstärkt
Aufgestellt mit Unterstützung der Gemeinde Callenberg.
Adresse:
Anlagenteich Callenberg
09337 Callenberg
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Callenberg – Dorf der Generationen zwischen Nickel, Natur und lilafarbenen Feldern
Wer sich Callenberg von der Autobahn A4 nähert, sieht die sanften Hügel, weiten Felder und dichten Wälder, die das Gemeindegebiet prägen. Es ist eine für Westsachsen typische Kulturlandschaft mit ihrem dörflichen Charakter, weitläufig eingebettet zwischen den Städten Hohenstein-Ernstthal, Limbach-Oberfrohna und Waldenburg.
Sieben Dörfer – eine Gemeinschaft
Die Gemeinde Callenberg besteht aus sieben Ortsteilen, deren Zusammenhalt sich sogar im Wappen widerspiegelt: Sieben Eichenblätter symbolisieren die sieben Dörfer, die sich 1999 zu einer starken Verwaltungsgemeinschaft zusammengefunden haben. Dieses Miteinander über Generationen hinweg prägt das Selbstverständnis der Ortsteile Callenberg, Falken, Grumbach, Langenberg, Langenchursdorf, Meinsdorf und Reichenbach.
Der offizielle Claim „Dorf der Generationen“, wie er auf der Website von Callenberg zu lesen ist, bringt es auf den Punkt: Hier leben Jung und Alt, Alteingesessene und Zugezogene in enger Nachbarschaft, verbunden durch Landwirtschaft, Gewerbe und Handwerk. Zwar hat die Gemeinde seit 1990 ca. 1.000 Einwohner durch den Strukturwandel verloren, aber der Rückgang ist gebremst (Stand 2024: ca. 4.600 Einwohner). Hier entstehen neue Häuser, alte Höfe werden restauriert, mehrere Kindergärten und eine Grundschule konnten erhalten werden.
Vor allem die Vereine, die Initiativen wie Chor und Hauskreise, Sportplätze und Erlebnisspielplätze bringen die Menschen aus den Ortsteilen zusammen. Ob Feuerwehrfest und Ernteumzug, Pyramidenanschieben, Glühweinfest oder Seniorenweihnachtsfeier – der Jahreslauf ist wirklich reich an Veranstaltungen, um die Gemeinschaft in Callenberg zu erleben.
Vom Nickel zum Naturerlebnis
Callenberg hat in seiner jüngeren Geschichte eine erstaunliche Wandlung vollzogen, die erst auf den zweiten Blick sichtbar wird. Über Jahrzehnte war das Gebiet ein Zentrum des Nickelbergbaus. Ab 1952 begann der Aufschluss in fünf Tagebauen. Zeitweise war es das bedeutendste Nickelabbaugebiet in Mitteleuropa. Der Abbau verformte die Landschaft, Bagger rissen tiefe Wunden in die Erde und türmten große Halden auf.
1990 wurde die letzte Grube stillgelegt und man begann, die Flächen zu renaturieren und die Förderanlagen abzubauen. Heute erinnern nur noch wenige Spuren an diese Ära, z.B. Reste der ehemaligen Grubenbahn. Doch das Bewusstsein der Menschen für die eigene Geschichte bleibt wach. Eine Ausstellung in der Kulturellen Begegnungsstätte Reichenbach erinnert an die Zeit der Nickelerzförderung.
Wo sich einst die Tagebaue, Förderwege und Halden befanden, liegen heute Wiesen und Wälder, Wander- und Radwege durchziehen die Landschaft. Das Gebiet ist zu einem beliebten Naturschutz- und Erholungsraum geworden. Besonders der Stausee Oberwald – einst der Tagebau Callenberg Süd I - zieht im Sommer Badegäste und Campingfans an.
Lila Felder und weite Horizonte
Ein unverwechselbares Bild von Callenberg prägten in den letzten Jahren die violett leuchtenden Mohnfelder. Sie verleihen der Landschaft eine fast poetische Farbigkeit und sind längst zum Markenzeichen des Ortes geworden. Das zieht Ausflugsgäste, Wanderer und Fotografen aus nah und fern an.
Gäste und Einheimische gleichermaßen schätzen diese kurze Zeit intensiver Effekte im Frühsommer, in der die Dächer und Kirchtürme der Ortsteile aus den zarten Farben des Mohnmeeres hervorragen. Atemberaubende Lichtspiele ergeben sich vor grauen Gewitterwolken oder bei den Sonnenuntergängen an langen Juniabenden. Die Landwirtschaft war und bleibt ein zentraler Bestandteil des Gemeindelebens – bodenständig und regional verwurzelt.
Natur, Kulturgeschichte und Erholung
Am Rande der Felder, in Richtung Hohenstein-Ernstthal und Limbach-Oberfrohna, warten stiller Wald und Naturpfade auf ihre Erkundung. Und kleine kulturgeschichtliche Überraschungen, wie etwa die Karl-May-Höhle. Sie erinnert an die Jugendzeit des berühmten „Winnetou“-Autors, der sich einst hier versteckt haben soll, als er wegen krimineller Delikte von der Polizei gesucht wurde.
Die Höhle ist zwar nicht begehbar, aber sie ist trotzdem ein beliebtes Ziel für Familien und Wanderfreunde. Das große Waldgebiet, dass sich direkt an den Stausee Oberwald anschließt, ist ein Quell der Ruhe. Schnell wird man beim Durchstreifen von der Natur eingenommen.
Zukunft machen: eine typische Mentalität in Westsachsen
Innovationen und Traditionsbewusstsein, Offenheit und Zuwanderung sicherten seit jeher das Überleben in Westsachsen. All das zeugt von vielen Transformationsprozessen, die weit in die Geschichte zurückreichen und teils bis heute andauern. Die Region war immer in Bewegung. Menschen kamen und gingen mit dem wirtschaftlichen Auf und Ab, erfanden sich kulturell neu und entwickelten Handwerk und Technik weiter. So ist es bis heute.