Anja Schwörer: Mapping Patterns - Industrial Flora

An der rückwärtigen Fassade des kleinen Industriemuseums Schauweberei Braunsdorf in Niederwiesa ist ein vertikal langgezogenes Wandbild der 1971 in Kandel geborenen und heute in Berlin lebenden Künstlerin Anja Schwörer installiert. Farbige, aneinander gereihte Quadrate ergeben im Blick von der gegenüberliegenden Uferseite des Mühlbachs ein geometrisches Bild. Es erinnert an Pflanzenranken und Blüten, die sich aus Pixeln auf einem Computerbildschirm zusammensetzen. Die Künstlerin hat einzelne Elemente isoliert und aus dem Gleichmaß der Rasterzeichnung herausgelöst. Sie verschieben die Perfektion in eine lebendige, fast organisch anmutende Komposition. Die in einem grün-violetten Farbspektrum auf PVC-Mesh gedruckten Pixelpunkte vermischen sich vor Ort mit der Farbigkeit der Wand, die durch die netzartige Textur des Gewebes hindurchschimmert. Raster und Grundformen von Schwörers Wandbild Mapping Patterns: Industrial Flora verweisen auf Stoffstrukturen, gewebte Ornamente und die Funktionsweise von Webstühlen, die in der Schauweberei dokumentiert, erforscht und an historischen Maschinen vorgeführt werden. 

Als motivische Vorlage wählte die Künstlerin eine Patronenzeichnung aus dem Jahr 1897, die in der Textilindustrie als schematische Darstellung einer textilen Bindung zur Herstellung von Bordüren, Ornamenten, Jacquardgeweben oder Gobelins diente. Diese Vorlagen wurden bis in die 1950er Jahre von Künstlerinnen und Musterzeichnern entworfen, in eine Art früher Programmiersprache übersetzt und in Lochkarten gestanzt, mittels derer die Webstühle gesteuert wurden. So erinnert Schwörers Wandbild auf poetische, spielerische und ortsbezogene Weise auch an Ursprünge der Computerlinguistik, die ihren Ursprung offensichtlich in der Steuerung von Webstühlen hat und so tatsächlich keine Erfindung des 20. Jahrhunderts ist. 

(Text: Alexander Ochs / Ulrike Pennewitz)