Fünf Tage lang gehörte Chemnitz den jungen Ideen: Vom 8. bis 12. Oktober 2025 fand erstmals das Betonblühen Festival für junge Kultur statt – ein Projekt, das von jungen Menschen im Alter von 14 bis 30 Jahren selbst geplant und umgesetzt wurde. Mit Unterstützung des Team Generation der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 gGmbH schufen sie ein Festival, das die Stadt zum Aufblühen brachte: über 5.500 Besucher:innen besuchten an fünf Tagen das Festival, rund 3.000 allein am Wochenende bei Konzerten und Partys. Über 1.000 weitere Gäste werden zum abschließenden Thermal Festival & Rave am 18. Oktober in Erzgebirgsbad in Thalheim erwartet.
Über ein Jahr lang hatte sich das junge Team wöchentlich getroffen, Ideen entwickelt, Künstler:innen eingeladen, mit Locations verhandelt und Bühnenprogramme geplant. Während der Festivaltage moderierten sie teilweise selbst, betreuten Acts, koordinierten Abläufe – und sorgten dafür, dass das Festival tatsächlich ihr eigenes wurde. Entstanden ist ein starkes Gefühl von Selbstwirksamkeit und Gemeinschaft, das viele gern in die Zukunft tragen möchten.
Begleitet wurde das Team von Isabel Eißmann vom Bandbüro Chemnitz e. V., die das Festival seit Januar 2025 als Mentorin unterstützt hat. Sie war Impulsgeberin, Ansprechpartnerin und Wegbegleiterin – und wuchs mit dem Team zu einer engen Gemeinschaft zusammen. Zwischen ihr, den Jugendlichen und dem Team Generation der Kulturhauptstadt entstand über Monate hinweg ein Vertrauen, das spürbar durch das gesamte Festival trug. „Es war eine große Freude, die Entwicklung der Festivalcrew mitzuerleben – zu sehen, wie jede einzelne Person über sich hinausgewachsen ist und wie aus vielen individuellen Wegen ein starkes, gemeinsames Team entstanden ist.“, sagt Isabel Eißmann. „Alle haben so viel Herz, Energie und Kreativität in dieses Projekt gesteckt – das zu erleben, war einfach berührend. “
Die Idee hinter dem Festival war ebenso poetisch wie programmatisch und stammt direkt aus dem jungen Festivalteam selbst. Jeder Festivaltag stand unter einem eigenen Motto – Roots, Break Out, Sprout, Bloom und Afterbloom. So entfaltete sich im Verlauf des Festivals die Metapher einer wachsenden Pflanze, Sinnbild für die Emanzipation und Selbstermächtigung junger Menschen in Chemnitz. Vom Wurzeln-Schlagen über das Durchbrechen des Bodens bis hin zum Aufblühen und zum ruhigen Nachklang spiegelte jeder Tag eine Phase des Aufbruchs wider.
Der Auftakt am Mittwoch, Roots, machte den Festivalgeist greifbar. Bei der OstVISIONKonferenz der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung im Garagencampus diskutierten junge Festivalmacher:innen mit politischen Vertreterinnen wie Petra Köpping und Susann Rüthrich über kulturelle Räume und neue Formen der Jugendpartizipation. Beim Panel „How to Keep Blooming“ in der Hartmannfabrik ging es um europäische Vernetzung, Jugendbeteiligung und die Zukunftsvisionen junger Menschen zum Betonblühen Festival, mit dem Ziel, das Festival auch über 2025 hinaus in Chemnitz zu verankern.
Was am ersten Tag als Austausch begann, wurde an den folgenden Tagen zur Praxis. Unter dem Motto Break Out füllte Tanz, Sport und Bewegung die Stadt – vom Yoga über Straßenfußball bis zu Lesungen und Poetry Slams, die zeigten, wie vielseitig junge Stimmen in Chemnitz sind.
Am Freitag setzte Sprout den kreativen Wachstumsschub. Im Weltecho wurde gesprüht, genäht, gestaltet. Zum Beispiel konnten junge Menschen beim Workshop von C Your Power selbst zur Spraydose greifen und graue Wände in farbige Botschaften verwandeln. In der Modenschau von Threads of Unity präsentierten junge Menschen Jacken, die sie in den Wochen zuvor im Austausch mit ehemaligen Textilnäher*innen aus der ehemaligen DDR entworfen und gefertigt hatten – ein generationenübergreifendes Projekt, das Wissen, Handwerk und neue Ideen verband. Die entstandenen Stücke waren anschließend in einer Ausstellung zu sehen. Auch im Museum Gunzenhauser wurde experimentiert: In verschiedenen Workshops traf klassische Kunst auf DJ-Sets und Schreibwerkstätten. In einem Songwriting-Workshop konnten junge Menschen gemeinsam Texte entwickeln und unter der Leitung der Chemnitzer Musikerin Selma Juhran einen eigenen Zugang zum Musikmachen finden. Zudem las Batul Al Aidi, erfolgreiche Chemnitzer Tänzerin und Leiterin des Tanzstudios „Soul Studios“, aus dem neu erschienenen Buch „Out of Line“, das von ihrer Lebensgeschichte inspiriert ist. Außerdem konnten Besucher*innen an einem Schreibworkshop teilnehmen oder eine Poetry-Slam-Veranstaltung besuchen.
Am Samstag erreichte das Festival unter dem Motto Bloom einen Höhepunkt. Zwischen Transit Club und Atomino wanderte das Publikum von Workshop zu Konzert zu Clubnacht – von Indie über Hip-Hop bis zu elektronischen Beats. Mit starken Live-Shows heizten unter anderem Yung Pepp, rémi.fr und Skrt Cobain ordentlich ein, danach wurde bis in die frühen Morgenstunden zu unterschiedlichster Musik verschiedener DJs weitergefeiert.
Am Sonntag, beim Abschluss Afterbloom, stand das Festival im Zeichen der Begegnung und des gemeinsamen Rückblicks auf die inspirierenden letzten Tage. Im Atomino entstand ein Hangout-Areal mit Kunstmarkt, Streetart, Smoothie-Bike und Speedfriending. Außerdem präsentierte die preisgekrönte Initiative Grand Beauty ihren Salon und bot offene Begegnungsräume rund um das Thema Schönheit, in denen Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte zusammenkamen. Ein ruhiger, aber energiegeladener Ausklang mit spürbarer Aufbruchsstimmung für das, was kommen soll.
Eines wurde in diesen fünf Tagen deutlich: Betonblühen soll keine einmalige Sache bleiben. Viele Beteiligte wünschen sich, dass das Festival fortgeführt wird. Eine frische Pflanze wächst in Chemnitz heran und schlägt tiefe Wurzeln.