Ria ist Volunteer und hat sich am Kulturprojekt „Tanzende Nachbarn“ beteiligt. Vor ihrem Ruhestand war sie in der Stadtverwaltung tätig.
Über eine Zeitungsannonce und zwei Freundinnen erfuhr ich vom Kulturhauptstadtprojekt „Tanzende Nachbarn“. Zuerst war ich skeptisch - weil keinerlei Vorerfahrungen im Tanzen – und dann noch so ein komischer Name! Teilnehmende Bekannte versicherten mir nach ihren ersten Besuchen aber, dass keine Vorkenntnisse erforderlich sind. Auch in der Werbung war es so angegeben. Das Projekt wird vom EU-Japanfest-Komitee jedes Jahr in einer Kulturhauptstadt durch japanische KünstlerInnen durchgeführt. Den Chemnitzer Vorbereitenden gelang es, die Leiterin der Silberdancer Yoko Ando Matsumoto aus Yokohama hierher zu locken. In dem Land mit der ältesten Bevölkerung hat sich die Ausübung von Tanz für diese Generation sehr bewährt. Das überzeugte mich!
An 3 Orten in Chemnitz kann man am Tanzprojekt teilnehmen. Ich entschied mich für das Soulstudio in der Ermafa-Passage. Am Probetraining durfte ich teilnehmen. Das hat mich wegen der angenehmen Atmosphäre, der genauen Erklärungen durch die Tanzpädagogin und der intensiven Ganzkörperbewegung begeistert. Aber Pustekuchen – ich durfte nicht sofort in den Tanzkurs, kam auf die Warteliste. Die Verantwortliche für die ältere Generation war unbestechlich! Zum Glück erhielt ich bald die Zusage und gehöre nun zu den 100 Tanzfreudigen. Anfangs fühlte ich mich unbeholfen, da ich die Choreografie nicht so schnell verinnerlichen konnte. Doch die Gemeinschaft half und tröstete.
Das wöchentliche Training dauert rund zwei Stunden. Neben der körperlichen Betätigung fordert es den Geist. Schrittfolgen müssen im Gedächtnis bleiben. Gegenseitige Unterstützung dabei ist selbstverständlich. Unsere Tanzlehrerin, eine ehemalige Primaballerina, erklärt präzise und ermutigend. Der künstlerische Leiter gestaltet mit uns die Auftritte – im Botanischen Garten, in Wohngebieten oder beim Sommerfest des sächsischen Ministerpräsidenten. Insgesamt werden es 20 sein. Das Tanzen tut Körper, Geist und Seele gut – wichtig gerade im höheren Lebensalter! Unser ältester Teilnehmer, 89 Jahre alt (oder jung) ist das beste Beispiel dafür. Sein Arzt bestätigt, dass er seinem Alter entsprechend völlig gesund ist.
Wegen des großen Interesses hat die Projektleiterin für die ältere Generation eine zusätzliche Sommergruppe im Schillergarten, also im Freien, eingerichtet. Damit erhöht sich die Zahl der Tanzenden noch einmal.
Fünf Intensivkurse mit japanischen Tanzlehrerinnen bilden die Höhepunkte des Projektes. Choreografien werden mit großer Geduld und Ausdauer mit uns einstudiert. Besonders spannend ist der japanische Ansatz: Anatomisch im Mittelpunkt steht das „Schlüsselbein“. Während für die Japanerinnen das Wort schwer auszusprechen ist, besteht für uns die Herausforderung in der richtigen Bewegung entlang dieses Knochens.
Inzwischen gefällt mir auch der Name „Tanzende Nachbarn“. Über die gemeinsame Leidenschaft Tanzen hinaus, treffen wir uns zu Wanderungen, zur Tanzparty oder zum gemeinsamen Essen, eben wie gute Nachbarn.
I have a dream: Ich wünsche mir, wir können als Kunstprojekt weiter mit unseren japanischen Freundinnen zusammenarbeiten und tanzen und deren tolle Idee für die ältere Generation in die Welt tragen für unser aller körperliche, geistige und seelische Gesundheit. Träume darf man ja haben!