Freiwilligenbericht: Spaziergang zu DDR-Kunstwerken: „Bronze und Beton“

Foto: Kerstin Ritscher

In der Freiwilligenredaktion veröffentlichen Volunteers für Chemnitz 2025 Berichte von ihren Erlebnissen, Einsätzen und Erfahrungen rund um die Kulturhauptstadt Europas.

Kerstin ist 59 Jahre alt und arbeitet als Bürokommunikationskauffrau. Die gebürtige Burgstädterin ist als Volunteer auf verschiedenen Events von Chemnitz 2025 präsent; unter anderem hat sie gemeinsam mit Oberbürgermeister Sven Schulze und anderen Gästen den Countdown fürs Kulturhauptstadtjahr eingeleitet.  

 

Heute berichte ich von keinem Volunteer-Einsatz, sondern als ganz normale Chemnitzerin. Ich hatte im Kulturhauptstadt- und dem Newsletter der „Freien Presse“ unter der Überschrift „Fetzt.- Die Kuha zieht nach draußen“ die Ankündigung von einem Spaziergang durch die Chemnitzer Innenstadt gelesen und das hat mich neugierig gemacht. „Das Institut für Ostmoderne lädt zu einem interaktiven künstlerischen Spaziergang durch die Chemnitzer Innenstadt ein." Mit einer Performance, Hörbeiträgen, einem Workshop zum Modellieren eigener Skulpturen und einer spielerischen Skulpturenrallye mit Quiz werden einige der Kunstwerke kennengelernt, die zwischen 1960 und 1989 entstanden sind. Treffpunkt war am kleinen Springbrunnen in der Straße der Nationen. Wir waren ca. 50 Menschen - Chemnitzer, Berliner, Österreicher, Saarländer, Leipziger und …. also ein bunt zusammengewürfeltes Teilnehmerfeld.

 Unsere drei Stadtführer, gekleidet in schwarzem, an alte DDR-Schnittmuster angelehntem Einheitslook, stellten sich kurz vor und begrüßten alle Teilnehmer mit Handschlag. Die drei kommen ursprünglich aus Berlin und sind bis Oktober 2025 über ein von der Kulturhauptstadt unterstütztes Programm in Chemnitz. Sie hatten eine Lautsprecherbox dabei, aus der lautstark DDR-Musik ertönte. Mein Gott, wie lange habe ich diese Klänge nicht mehr gehört, aber gleich wiedererkannt! Unsere Gruppe schlenderte nun durch die Chemnitzer Innenstadt, über den Brühl zum Schlossteich und machte an verschiedenen Bronze- und Betonskulpturen und Bauwerken halt. Aus der Box kamen Stimmen. Genauer gesagt wurden Briefe vorgelesen, die Werktätige, Parteigenossen, Funktionäre in den Jahren von 1960 bis 1989 an ihre Freunde oder Familienangehörige geschrieben hatten. Zum Beispiel hörten wir, als wir am Karl-Marx-Kopf standen und zur Stadthalle und dem Hotel „Kongress“ hinüberschauten, einen Beitrag aus dem Jahr 1973. Eine junge Frau, Lehrling des Volkseigenen Betriebes „VEB Strickmaschinenbau Karl-Marx-Stadt“, schrieb an ihre Schwester, die sie “hoffentlich bald in Karl-Marx-Stadt besuchen kommen soll”, wie schön die Stadt ist. Sie schrieb, dass entlang der Straße der Nationen viele Neubauten mit Wohnungen und Geschäften errichtet wurden und dass es neue, breite sechsspurige Straßen gibt, die so gebaut wurden, dass in Zukunft viele Autos drauf fahren können. Sie schrieb auch, dass Walter Ulbricht, der Staatsratsvorsitzende der DDR, in der Stadt war und den neuen Gebäudekomplex an der Karl-Marx-Allee bei einer Kundgebung und anschließender Feier selbst eingeweiht hat. Sie war sehr stolz dabei gewesen zu sein. Die Verfasserin war generell sehr stolz in Karl-Marx-Stadt zu arbeiten, zu wohnen und am Wiederaufbau ihrer Stadt mitwirken zu dürfen. Ich konnte mich durch diese Texte schon gut in die Welt von damals reindenken und fühlen, was den Menschen wichtig erschien.

Unterwegs versorgten uns die Stadtführer mit leckerem Eis und am Schlossteich endete unser Rundgang leider schon. Uns wurde der Vorschlag unterbreitet, bei einem typischen DDR-Essen den frühen Abend gemeinsam ausklingen zu lassen. Dazu sagten wir nicht nein und gingen gemeinsam zum Falkeplatz ins „Cafè Bistro Smart“. Dort war die Zeit etwas stehengeblieben und wir hatten bei „Karlsbader Schnitte“, „Nudeln mit Wurstgulasch“ und „Beefsteak mit Kartoffelsalat“ einen gelungen „Spaziergangsausklang“. Ich glaube, das gemeinsame Modellieren von eigenen Skulpturen ist als „Hitzefrei“ deklariert worden und ausgefallen Fazit: Ein wunderschöner Samstag mit netten Menschen, die interessante Geschichten erzählen konnten und eine neue Sichtweise auf DDR-Kunstwerke. Wer mehr über das „Institut für Ostmoderne“ wissen möchte, schaut gern unter: Institut für Ostmoderne Institut für Ostmoderne  

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