Chemnitz feiert den Expressionismus

Foto: David Nuglisch

Das Karl Schmidt-Rottluff Haus in Chemnitz, ehemals das Elternhaus des in Rottluff geborenen Künstlers und Mitbegründers der Künstlergruppe "Brücke", wurde im Kulturhauptstadtjahr als Museum eröffnet. Dem ging eine umfangreiche Sanierung voraus, denn zuvor stand das Haus jahrelang leer. Als sogenannte „Interventionsfläche“ stellt der Umbau einen nachhaltigen Beitrag zum Kulturstandort Chemnitz dar. Im folgenden Interview gibt die Generaldirektorin der Kunstsammlungen Chemnitz Florence Thurmes Einblicke in diesen neuen kultrellen Hotspot und auf das Fest des Expressionismus, was am 24. August auf dem Gelände gefeiert wird.

Karl Schmidt-Rottluff gilt als einer der bekanntesten Söhne der Stadt. Welche Rolle spielte Chemnitz für sein Schaffen und welche Rolle spielt sein Schaffen heute für Chemnitz?

Karl Schmidt wurde 1884 in Rottluff geboren und ging in Chemnitz zur Schule. Erste Impulse für sein künstlerisches Schaffen erfuhr er ab dem Alter von 15 Jahren in regelmäßigen Besuchen von Ausstellungen des Vereins „Kunsthütte“, dem Vorläufer der späteren Kunstsammlungen Chemnitz. Hier stellte er 1904 erste Landschaftsaquarelle aus. Er wuchs in einer Zeit auf, die von einer fortschreitenden Industrialisierung, Verdichtung der Großstädte, Massenproduktion und einer einhergehenden Abwertung der Landwirtschaft geprägt war. Nicht nur Karl Schmidt-Rottluff wurden von Chemnitz geprägt, auch Künstler wie Erich Heckel und Ernst Ludwig Kirchner verbrachten ihre Jugend in der Stadt, die damals weltweit Textil exportierte und eine der reichsten Städte im Wilhelminischen Reich war. 1901 debattierten Schmidt-Rottluff und Heckel sowie andere kunstaffine Schüler in dem Schülerclub „Vulkan“ über Werke von Søren Kierkegaard, Friedrich Nietzsche und August Strindberg. Solche Schriften wie auch das industrialisiere Stadtbild hatten einen großen Einfluss auf die spätere Bildsprache der Brücke-Künstler. 

Was erwartet die Besucher:innen in der Dauerausstellung? Werden auch Originalwerke von Schmidt-Rottluff gezeigt? 

Das Haus bietet den Besuchenden die Möglichkeit, bewusst in die Biografie und das Werk von Schmidt-Rottluff einzutauchen, während wir von Museumsseite aus immer wieder neue Facetten beleuchten können. Im Mittelpunkt der Präsentation steht sein kunsthandwerkliches Schaffen, z.B. Steinschnitte, Holz- und Hornarbeiten sowie Schmuck aus der ehemaligen Sammlung Dr. Victor und Hedda Peters aus Leipzig, die dank der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Sparkasse Chemnitz für das Haus gesichert werden konnten. Auch das Frühwerk, die künstlerischen Anfänge werden gezeigt, natürlich auch Landschaften die in Rottluff und der Umgebung entstanden sind. Im Haus werden die Kapitel des ersten und zweiten Weltkrieges erzählt beziehungsweise welche Auswirkungen diese tiefgreifenden Ereignisse auf den Künstler hatten. In Zukunft wird die Präsentation immer wieder Änderungen erfahren, da viele grafische Arbeiten gezeigt werden, die ausgewechselt werden müssen. 

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Florence Thurmes, Foto: Wolfgang Schmidt

Die denkmalgerechte Sanierung des Gebäudes war ein umfangreiches Projekt. Welche Herausforderungen gab es? Welche Aspekte der ursprünglichen Architektur konnten erhalten werden?

Das Elternhaus wurde ja 1913/1914 als Landhaus gebaut. Um es museal zu ertüchtigen, mussten verschiedene Aspekte wie Dämmung an den Innenwänden, Heizung und Mobilität berücksichtigt werden. In das Haus wurde ein Aufzug eingebaut, um es barrierearm zu gestalten. Mit dem Denkmalamt wurden insbesondere die Außenansicht samt dem Dach geplant, die Neukonstruktion der Fußböden und die farbliche Konzeption des Eingangsbereichs mit dem Flur und dem Treppenhaus. Ein besonders historisch wertvoller Charakter des Hauses ergibt sich über die schön verzierten originalen Bleiglasfenster. 

Das Karl Schmidt-Rottluff Haus ist eine „Interventionsfläche“ für Chemnitz 2025 und ist jetzt ein Künstlerhaus. Was bedeutet das für den Ort und seine Nutzung in der Zukunft?

Mit der benachbarten Mühle, die vom Fördererverein Karl Schmidt-Rottluff Chemnitz e.V. betrieben wird, bildet das Haus das „Karl Schmidt-Rottluff Ensemble“. Als „Interventionsfläche“ sollen beiden Häuser die enge biografische Verbundenheit des Künstlers mit der Region würdigen und sein Schaffen und Wirken sichtbarer machen. Das Ensemble soll sich zu einem wichtigen Ort des Brücke-Expressionismus entwickeln, aber natürlich auch für die Menschen in der unmittelbaren Umgebung zum Ort des Austausches werden, an dem man sich von Kunst inspirieren lassen kann und an dem immer wieder Veranstaltungen stattfinden. 

Am 24. August wird im Karl Schmidt-Rottluff Haus ein Expressionismus-Fest gefeiert. Was können Sie jetzt schon verraten?

Das Fest des Expressionismus organisieren wir gemeinschaftlich mit dem Fördererverein Karl Schmidt-Rottluff Chemnitz e.V. In beiden Häusern wird ein umfangreiches Programm angeboten, mit Workshops z.B. zum Thema Aquarell, Vorträgen und Filmvorführungen. Es lohnt sich auf jeden Fall vorbeizuschauen. 

Fest des Expressionismus
Sonntag, 24.08.2025, 11:00-18:00

Adresse: Chemnitz | Limbacher Straße 382

Die Ausstellung ist Dienstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr und feiertags  von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Eintrittspreise und weitere Information gibt es ↗ hier.

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